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MrSpinnert von MrSpinnert, vor 4 Jahren
Paul Celan – „Das Gastmahl“ (1946/47)

Paul Celan – „Das Gastmahl“ (1946/47)

Rezitation: Christian Brückner
von der CD „Gedichte von Paul Celan“

Text:

Geleert sei die Nacht aus den Flaschen im hohen Gebälk der Versuchung,
die Schwelle mit Zähnen gepflügt, vor Morgen der Jähzorn gesät:
es schießt wohl empor uns ein Moos noch, eh von der Mühle sie hier sind,
ein leises Getreide zu finden bei uns ihrem langsamen Rad . . .

Unter den giftigen Himmeln sind andere Halme wohl falber,
wird anders der Traum noch gemünzt als hier, wo wir würfeln um Lust,
als hier, wo getauscht wird im Dunkel Vergessen und Wunder,
wo alles nur gilt eine Stunde und schwelgend bespien wird von uns,
ins gierige Wasser der Fenster geschleudert in leuchtenden Truhen –:
es birst auf der Straße der Menschen, den Wolken zum Ruhm!

So hüllet euch denn in die Mäntel und steiget mir auf die Tische:
wie anders sei noch geschlafen als stehend, inmitten der Kelche?
Wem trinken wir Träume noch zu, als dem langsamen Rad?

Bilder: Collage aus „Die Rasenden“ im DeutschenSchauspielhausHamburg (Jan. 2014)