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MrSpinnert von MrSpinnert, vor 8 Monaten
Hamburger Reeperbahn: Die Heilsarmee im Rotlichtviertel

Die Theologinnen Mareike Walz und Anne Beinker leiten seit vier Jahren das Hamburger Missionsteam der Heilsarmee auf St. Pauli. Ihr Herz schlägt für den Kiez und für die Menschen, die dort leben. Mitten im bunten und schrillen Rotlichtviertel, gegenüber einem Sexkino, befindet sich ihre Hamburger Gemeinde, auch Korps genannt. Das denkmalgeschützte Haus in der Talstraße mit dem Leuchtschild „Jesus lebt“ ist seit 101 Jahren Anlaufstelle für Menschen in besonderen Notlagen. Vor allem Obdachlose, aber auch Rentner und Bedürftige, die nur wenig Geld zum Leben haben, zählen zu den Stammgästen.

Kapitänin Mareike Walz und Leutnantin Anne Beinker bieten mit ihrem Team auch Sozialberatung und Seelsorge an. Es gibt in der Talstraße Gottesdienste, eine Kleiderkammer, Duschen, eine wöchentliche Lebensmittelausgabe und die gut besuchte Tages- und Begegnungsstätte Heimathafen Heilsarmee, wo es warme Mahlzeiten und Getränke gibt. Die Tür steht allen offen, die Gemeinschaft und Hilfe suchen. Dazu gehört auch die Unterstützung bei Problemen mit Behörden. Ein weiterer Service: Die Gäste können sich hier freitags die Haare schneiden lassen. Das übernimmt dann kein professioneller Friseur, sondern die Heilsarmee-Chefin Walz selbst. Sie ist Offizierin und Kapitän und trägt bei offiziellen Anlässen und beim Gottesdienst Uniform, genau wie ihre Kollegin Leutnantin Anne Beinker.

Die Heilsarmee wurde 1865 in den Londoner Slums von dem Methodistenprediger William Booth gegründet, um für die armen und mittellosen Menschen da zu sein. Booth organisierte seine evangelische Freikirche und Hilfsorganisation wie eine Armee, um so effizient, straff und diszipliniert zu arbeiten. Suppe, Seife Seelenheil: so lautet seit jeher der Leitspruch der Heilsarmee. Heute ist sie eine internationale christliche Bewegung mit 1,8 Millionen Mitgliedern und weltweit in 133 Ländern vertreten. Als „friedlichste Armee der Welt“ kämpft sie gegen Armut und Ungleichheit und finanziert sich aus Spenden von Privatpersonen, Stiftungen, Firmen.

Auf St. Pauli tragen die Missionsleiterinnen und ihr Team bei der alltäglichen Arbeit einheitlich ein rotes T-Shirt. „Das kommt auf dem Kiez natürlich besser an als Uniformen“, sagen Mareike Walz und Anne Beinker. Die Reeperbahn und die Große Freiheit gehören zu ihren Einsatzorten, draußen auf der Straße. Hier verteilen sie mit ihrem Team kleine Mahlzeiten und Getränke und kommen so auch mit Menschen ins Gespräch, die am Rande der Gesellschaft leben. Auch in Sexhäusern bieten sie den Frauen Hilfe und Gebete an. Wie alle Heilssoldaten mussten auch die Missionsleiterinnen ein Gelübde ablegen. Kein Alkohol, kein Tabak und keine Drogen. Heiraten ist erlaubt. Die Zeiten, in denen die Heilsarmisten singend und musizierend auf dem Kiez Spenden sammeln und ihre christliche Botschaft verkünden, sind allerdings auf St. Pauli schon länger vorbei.

Ein NDR Filmteam hat die beiden Missionsleiterinnen von St. Pauli bei ihrer täglichen Arbeit mit Menschen in Not begleitet. Diese erzählten vor der Kamera ganz offen von ihrer schwierigen Lage. Einmal brauchte die Heilsarmee auch selbst Hilfe. Während der Dreharbeiten gab es Alarm. Die Feuerwehr musste anrücken und das Haus evakuiert werden. Ein Rauchmelder hatte angeschlagen!

Hamburger Reeperbahn: Die Heilsarmee im Rotlichtviertel | Die Nordreportage | NDR Doku