Stammt die Demokratie aus Griechenland?
Stammt die Demokratie aus Griechenland?
Demokratie ist heute weit verbreitet – doch was verstehen wir eigentlich darunter? Schon im antiken Athen gab es Beteiligung, aber bei weitem nicht für alle. Indigene Kulturen wie die der Haudenosaunee praktizierten Konsensmodelle. Ist Demokratie vielleicht gar kein westlicher Export, sondern ein globales Phänomen?
Laut Statistiken lebt heute nahezu die Hälfte der Menschheit in Ländern mit einer demokratischen Verfassung. Doch was bedeutet das eigentlich? Was verstehen wir heute unter dem Begriff der Demokratie und wie war das in früheren Zeiten? Die Dokumentation sucht nach Antworten, die sich nicht nur in Griechenland, sondern auf der ganzen Welt verstreut finden.
Obgleich die Herrschaftsform von Athen vor 2.500 Jahren als Vorbild für die europäischen Demokratien der Gegenwart gilt, fallen aus heutiger Sicht beträchtliche Unterschiede auf. Die Althistorikerin Charlotte Schubert erklärt, wie Regierungsämter damals per Losverfahren vergeben wurden. Jeder Bürger Athens war ein potenzieller Kandidat – wobei nur ein kleiner Teil der Bevölkerung als „Bürger“ galt: Frauen, Sklaven und Ausländer waren von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen.
Dass die Idee der Demokratie – je nach Zeit und Umgebung – ganz unterschiedlich ausgestaltet werden kann, zeigen weitere Beispiele in der Geschichte. Ganz unabhängig von den griechischen Ausprägungen hat beispielsweise das indigene Volk der Haudenosaunee (Irokesen) in Nordamerika politische Prinzipien entwickelt, die heute als demokratisch gelten würden. „Man berät so lange, bis es eine Einigung gibt. Alle müssen zustimmen“, sagt Oren Lyons, der ihre Traditionen als Glaubenshüter noch heute bewahrt.
Überall auf der Welt haben sich demokratische Traditionen unabhängig voneinander entwickelt, erklärt der amerikanische Politikwissenschaftler David Stasavage. Er untersucht, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit eine Gesellschaft demokratisch wird. Was können wir von frühen Demokratien lernen? Und welche neuen Formen des demokratischen Zusammenlebens werden wir in Zukunft noch entdecken?
Onondaga-Nation/Haudenosaunee
Die Onondaga-Nation (https://www.onondaganation.org) ist eine der Nationen der Haudenosaunee.In der Metaphorik der Haudenosaunee bilden alle ihre Nationen gemeinsam ein großes Langhaus – dabei sind die Onondaga, deren Gebiet geografisch zentral gelegen ist, die Feuerstelle.
Der englische Name von Joagquisho lautet Oren Lyons: https://en.wikipedia.org/wiki/Oren_Lyons
Michelle Schenandoah: https://www.indigenous-concepts.com/michelle-schenandoah
Älteste ethnografische Studie über die Haudenosaunee - Lewis Henry Morgan: „The League of the Ho-dé-no-sau-nee, or Iroquois“ (1851). Die Beschreibung der Eigentumsverhältnisse darin war Grundlage für Friedrich Engels’ Werk „Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats“ (1884).
Einfluss der Haudenosaunee auf Verfassung und Gründung der USA - Oren Lyon (Hg.): „Exiled in the Land of the Free“ (https://3660d3164b7bf9624969267ec54288d3-gdprlock/details/exiledinlandoffr00oren_0/page/n7/mode/2up)
Thomas Wagner: „Irokesen und Demokratie“ (2004) (https://lit-verlag.de/isbn/978-3-8258-6845-1/)
Demokratie
David Stasavage: „The Decline and Rise of Democracy“ (2020) (https://press.princeton.edu/books/hardcover/9780691177465/the-decline-and-rise-of-democracy)
Zur Weiterentwicklung von Demokratien ausgehend von historischen Beispielen:
David Van Reybrouck: „Against Elections: The Case for Democracy“ (https://www.penguinrandomhouse.com/books/645360/against-elections-by-david-van-reybrouck/)
Stammt die Demokratie aus Griechenland? | Stimmt es, dass …? | ARTE
00:00 Einführung
01:25 Demokratie im alten Griechenland
07:03 Die wahren Erfinder der Demokratie?
15:00 Die vielen Gesichter früher Demokratien
22:05 Ausblick: Demokratie neu denken