Georg Kreisler – Und da lag sie in ihrem Blute – aus „Lieder zum Fürchten“ (1963)
Niemand kann sagen, warum es kam
Dass es kam, war infam
Sonst geh’n wir redlich und g’rad
Unseren Lebenspfad
Doch Heute früh war ich aufgewühlt
Denn ich hab’s gleich gefühlt
Irgendwas wird Heute sein –
Da trat ich in’s Zimmer hinein
Haaaaaaa!
Und da lag sie in ihrem Blute –
Das Fenster auf, der Täter fort
Ich hab geschrien, doch sie die Gute
War leider tot und sprach kein Wort
Und als danach die Polizei kam
Da sagte ich: „Macht da keinen Tumult!
Denn ich sage euch schweigend
Wenn sich sowas ereigent
Dann ist dran immer, ja immer die Liebe schuld!“
Als sie den Egon im Bad geseh’n
War es um sie gescheh’n
Er aber trieb nur sein Spiel
So als ob sie ihm gefiel
Sie aber ließ ihn nicht in Ruh’
Und er gab selber zu
Als sie den Knaben gebar
Dass er der Vater war
Jetzt lag sie da in ihrem Blute
Und Egon floh – weiß Gott wohin –
Die Nadel aus dem rosa Hute
Stach ihr noch tief im Herzen drin
Dass Egon floh kann man verstehen
Ein Mörder hat meistens wenig Geduld
Aber auch diese Nadel
Trifft hier keinerlei Tadel
An diesem Morde ist einzig die Liebe schuld!
Noch war die Leiche nicht ganz verwest
War der Mord schon gelöst
Als man die Lösung geschafft
Nahm man mich schnellstens in Haft
Erst hat sie ihm ihre Gunst geschenkt
Jetzt werd ich aufgehängt!
Doch gestern Nacht bis um vier
Träumte ich nochmals von ihr
Und was hab’ ich geträumt
Meine Damen und Herren?
Na? Was hab ich geträumt? Hm?
Erraten! Also jetzt alle zusammen:
Da sah ich sie in ihrem Blute
Und Egon saß im Zuchthaus drin
Mir war im Traum so bang zumute
Weil ich doch selbst bald bei ihr bin
Und seh’ ich sie im Paradiese
Weiss ich genau, sie schenkt mir ihre Huld
Denn im Garten Eden
Lässt auch die mit sich reden
Doch hier auf Erden ist nichts als die Liebe schuld!