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MrSpinnert von MrSpinnert, vor 16 Jahren
Panzer in der goldenen Stadt – das Ende des Prager Frühlings im August 1968 (2008)

Dabei galt die Sowjetarmee den Tschechen und Slowaken seit 1945 als Befreier vom Hitlerfaschismus. Und im Frühjahr 1968, das dem Panzereinmarsch vorausging, wehte ein kurzer Hauch der Freiheit durchs Land und weckte Hoffnungen in ganz Europa.
Mit dem sogenannten Prager Frühling war ein „Sozialismus mit menschlichem Gesicht“ geboren worden, Ausdruck für die Bemühungen der kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen. Die militärische Invasion beendete diese Bestrebungen. Sie geschah auf Druck der sowjetischen Generalität, angestachelt von DDR-Staatschef Walter Ulbricht. Politisch sollte sie sich als Fehlleistung erweisen, militärisch aber war sie ein Erfolg, denn sie ermöglichte der Sowjetunion, Atomwaffen auf dem Gebiet Westböhmens zu stationieren.
Der Invasion folgten die Jahre der „Normalisierung“, die Renaissance der alten Diktatur, eine bleierne Zeit der Berufsverbote, Schreibverbote, Studienverbote, Organisationsverbote. Und es gab manch ungeklärten Unfalltod. Der Dokumentarfilm erinnert an die Tragödie im Herzen Europas.
Ins Zentrum seiner Betrachtungen rückt Filmemacher Peter Heller die damaligen Ereignisse vor dem Gebäude des Hörfunks auf dem Prager Wenzelsplatz. Der Prager Rundfunk spielte eine zentrale Rolle, denn hier artikulierte sich der Widerstand gegen die Panzer. Jiri Dienstbier, damals Redakteur, hatte den Widerstand organisiert. 20 Jahre später wurde er Václav Havels Außenminister. Fernsehansagerin Kamila Moucková moderierte damals mit russischen Maschinenpistolen im Nacken weiter. Aufgrund dieser heroischen Tat musste sie sich später 20 Jahre lang als Putzfrau durchschlagen. Der Fotograf Josef Ráz wurde zum Chronisten der schicksalsträchtigen Augustwoche. Er dokumentierte das blutige Geschehen vor dem Prager Rundfunk. Eine Kugel, mit der ihn die Sowjetsoldaten als Zeugen ausschalten wollten, traf nicht ihn, sondern einen unschuldigen Jungen. Und Filmregisseur Jirí Menzel – 1967 erhielt er für „Liebe nach Fahrplan“ den Oscar für den besten fremdsprachigen Film – wurde damals mit Zensur und Berufsverbot belegt.
Eingerahmt wird Peter Hellers Film durch eine tragische Liebesgeschichte, die fast am Totenbett geendet hätte. Ein westdeutscher Student verliebt sich in ein ukrainisches Mädchen und kommt am Tag der Invasion nach Prag – bot doch der „Prager Frühling“ auch Chancen für eine Liebe über Grenzen – für eine Liebe zwischen Ost und West. Politik und deren führende Köpfe, wie der tschechoslowakische KP-Führer Alexander Dubcek und seine freiheitlichen Ideen, interessieren den Studenten wenig. Er wird am Prager Hauptbahnhof von seiner Liebsten erwartet. Auf dem Weg von dort geraten die beiden in die Panzerbarrikaden vor dem Rundfunkgebäude. Der 20-jährige Kunststudent wird schwer verletzt – ein Schuss durchschlägt sein Becken. Er bleibt ein Leben lang Invalide. 40 Jahre später sehen Ljubov und Hubert einander wieder. Die Erinnerung weckt die alten Schrecken.

Das Ende des Prager Frühlings im August 1968 (2008)
Originaltitel: Panzer in der goldenen Stadt – das Ende des Prager Frühlings im August 1968 (2008)
Ein Film von Peter Heller