-
MrSpinnert hat das neue Medium Saisonkräfte: Unterwegs mit rumänischen Wanderarbeitern hochgeladen
2 Stunden her
Saisonkräfte: Unterwegs mit rumänischen Wanderarbeitern
Saisonkräfte: Unterwegs mit rumänischen Wanderarbeitern
Was erwartet Menschen, die als Saisonkräfte aus Rumänien hierher kommen? Erfüllt sich die Hoffnung auf ein besseres Leben?
Jedes Jahr im Frühling füllen sich in kleinen rumänischen Dörfern die Kleinbusse an Parkplätzen großer Supermarktketten oder an Tankstellen. Sie sammeln Menschen ein, holen Pakete ab und fahren dann mehr als tausend Kilometer, häufig über 24 Stunden lang, nach Deutschland.
Dort lassen sie die Menschen in der Dämmerung des neuen Tages aussteigen, in kleinen deutschen Städten, an Baustellen, Bauernhöfen. Schätzungen stammen 80 Prozent der Saisonarbeitskräfte in der deutschen Landwirtschaft aus Rumänien.
Was erwartet die Menschen, die als Arbeitskräfte im Niedriglohnsektor in Deutschland ankommen? Die NDR Story gibt den Menschen, die sich Jahr für Jahr auch nach Norddeutschland aufmachen, eine Stimme und beleuchtet die oft prekären Lebensbedingungen an ihren deutschen Arbeitsstätten – aber auch die Leere, die sie zu Hause in Rumänien hinterlassen. Auf dem Feld, im Schlachthof, in der Großküche oder der Hotelwäscherei bleiben die Menschen für die deutsche Gesellschaft oft unsichtbar.
Dabei ist einer der größten Arbeiterströme Europas. Manche von ihnen haben ihre Arbeit in Facebook-Gruppen gefunden, haben noch keinen Vertrag und werden wohl auch keinen für ihre Jobs bekommen. Schätzungen zufolge arbeitet jeder fünfte Rumäne, jede fünfte Rumänin im arbeitsfähigen Alter im Ausland. Manche sind ausgewandert.
2024 war Rumänien nach der Ukraine der häufigste Herkunftsstaat von Zuwanderern nach Deutschland, andere kommen bloß für die Saison und fahren am Ende des Jahres wieder zurück in die Heimat.
Bei den Männern ist Deutschland das beliebteste Ziel. Sie ernten dort Obst und Gemüse, bauen Häuser und reinigen die Ferienwohnungen auf norddeutschen Inseln. Sie werden oft ausgenutzt, ihre Pässe eingezogen, Absprachen aufgekündigt. Einige werden genötigt, unter Druck gesetzt oder in verschimmelten Acht-Bett-Zimmern untergebracht.
Die Unterbringung in einem Container mit bis zu sechs Personen kann da schon mal 600 Euro pro Monat kosten. „Wir sind die Sklaven Europas“, sagt Stefan. Er hat in der Reinigung gearbeitet und in der Küche eines Fast-Food-Restaurants.
Es sind Menschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben aufbrechen. „Nicht für mich, sondern für meine Tochter. Damit sie es leichter hat, nicht durch das gehen muss, durch das ich gegangen bin“, erzählt der 37-jährige Nicu. Kurz nach der Geburt seiner Tochter geht er zum ersten Mal zur Erdbeerernte nach Deutschland. Heute ist die Tochter elf Jahre alt.
Für sie wünscht sich Nicu Bildung – nicht die langen Stunden mal in der Kälte der nassen Felder, mal in der Hitze des Sommers. Für sein Leben hat er sich mit dem Zustand abgefunden. Seine Familie sieht Nicu nur wenige Wochen im Jahr, in den Sommerferien, an den Weihnachtsfeiertagen und wenn es irgendwie möglich ist, am Geburtstag der Tochter.
Dragos ist mit vielen Träumen aufgebrochen, wollte seine Frau und die zwei Kinder so schnell wie möglich nach Deutschland nachholen, damit sie dort in die Schule gehen. Die 50 Euro in seiner Tasche haben bis Warschau gereicht. Von dort schlägt er sich durch, schafft es weiter nach Deutschland. Bis nach Wolfsburg. Seit 40 Tagen schläft er dort auf der Straße, als das Filmteam ihn trifft.
NDR Story-Autorin Alexandra Bidian begleitet Rumäninnen und Rumänen auf der Reise per Kleinbus aus ihrer Heimat nach Norddeutschland, erzählt ihre Geschichten, zeichnet Probleme und Missstände nach, die durch die Wanderarbeit entstehen und taucht ein in eine Lebensrealität, die sich zwar direkt vor den Augen der Deutschen abspielt, aber doch oft unsichtbar bleibt.
Saisonkräfte: Unterwegs mit rumänischen Wanderarbeitern | Doku | NDR Story
BILD: NDR | Bus + Porträt: Alexandra Bidian | Design: Kristina Möckel/NDR Design